Unser Selbstverständnis im Projekt oder warum es wichtig ist, den eigenen Weg zu

Ziel unseres modularen Curriculums ist es, Menschen beim Übergang vom Beruf in die Rente zu unterstützen, ihren eigenen Weg zu finden. Manche haben vielleicht die Hoffnung auf eine Art „Kochrezept für den gelingenden Übergang in die Rente“, aber leider können wir das nicht bieten: Die Wünsche, Ziele, Voraussetzungen und Lebensumstände älterer Menschen sind zu unterschiedlich als dass ein einfaches Kochrezept helfen könnte – vermutlich wäre es ein fader Brei, der niemandem schmecken würde.

Was wir bieten können: Methoden, die Orientierung und Reflexion der Seminarteilnehmenden unterstützen und sie anregen, den eigenen Weg zu finden. Das ist natürlich schwieriger und aufwändiger als ein fertiges Rezept umzusetzen, aber schlussendlich gewinnbringender, denn es kann dabei helfen, das eigene Altern selbstbestimmt zu gestalten.

Wie soll mein Leben nach der Rente aussehen? Diese Frage sollen die Teilnehmenden in den Seminaren für sich individuell beantworten. Die Seminarleitung hat hier eine unterstützende Funktion.

Seminare gestalten mit der Hebammenkunst

Der Ansatz, den wir mit unseren Seminaren verfolgen, geht auf Platon zurück und nennt sich Maieutik – also Hebammenkunst. Die Seminarleitung hat demnach die Aufgabe die Teilnehmenden zu unterstützen und zu motivieren. Gebären – um im Bild zu bleiben – müssen die Teilnehmenden selbst. Reflexion ist nicht immer einfach. Fragen, wie z.B.: „Was hat mich in meinem Berufsleben ausgemacht?“, werden nur die wenigsten ad hoc beantworten können. Um hier eine gute Antwort zu finden, braucht es Zeit und Muße. Aber es ist lohnend, sich dafür Zeit zu nehmen – denn die Lebensphase „Alter“ ist heute oft häufig länger als Kindheit und Jugend[1]. Sie ist unterdeterminiert, das heißt, es gibt nur wenige gesellschaftliche Erwartungen an die Menschen in dieser Lebensphase. Diese neue Freiheit gilt es zu nutzen und zu gestalten. Um diese Freiheit überhaupt als solche zu erkennen, laden wir die Teilnehmenden in den Seminaren unter anderem auch ein, ihre Altersbilder kritisch zu hinterfragen. Jedoch propagieren wir bewusst keine bestimmten Altersbilder – wie oben geschrieben: Es gilt, den eigenen Weg zu finden. Wer heute 67 Jahre alt ist, ist in der Regel jünger und vitaler als jemand mit dem gleichen Lebensalter vor 40 Jahren. Die Rentner*innen von heute sind im Schnitt körperlich und geistig länger fit als die Generationen vor ihnen – darin liegt nicht nur für jede*n Einzelne*n eine Chance, sondern auch ein großes gesellschaftliches Potenzial. Die Studienlage zum Thema Engagement im Alter ist eindeutig – wer engagiert ist, ist meist sozial gut eingebunden und hat eine höhere Lebenszufriedenheit[2]. Wie vielfältig Engagement sein kann, haben wir in unseren Seminaren besprochen. Nichtsdestotrotz ist es uns auch hier wichtig, lediglich Anregungen zu bieten und keine Werbung zu machen für bestimmte Organisationen oder Einrichtungen – wir verfolgen keine gesellschaftspolitische Agenda.


[1] Cornelia Kricheldorff: Vom Erwerbsleben ins Engagement – Grundhaltungen in der Statuspassage zur nachberuflichen Phase und deren Verknüpfung mit geragogischen Konzepten und Settings. In: Informationsdienst Altersfragen 38 (5), 2011, S. 12-19, hier S. 15. Der Artikel kann hier abgerufen werden: https://www.dza.de/fileadmin/dza/Dokumente/Informationsdienst_Altersfragen/Informationsdienst_Altersfragen_Heft_05_2011_B%C3%BCrgerschaftliches_Engagement_%C3%84lterer.pdf

[2] Vgl. z.B. Mergenthaler, Andreas et al.: Vom Ruhestand zu (Un-)Ruheständen. Ergebnisse der Studie „Transition and Old Age Potential“ (TOP) von 2013 bis 2019. Die Studie kann hier abgerufen werden: https://www.bib.bund.de/Publikation/2020/Vom-Ruhestand-zu-Un-Ruhestaenden.html?nn=9859538.